Professor Dr. Bernhard Kuch, Chefarzt und Ärztlicher Direktor des Stiftungskrankenhauses. Bild: gKU

NÖRDLINGEN. Die erste Organspende im Ries ist in der Öffentlichkeit stark beachtet worden. Neben Berichten in Print- und Online-Medien hat auch der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) ein Radio-Interview mit dem Ärztlichen Direktor des Stiftungskrankenhauses in Nördlingen, Professor Dr. Bernhard Kuch, gesendet. In dem Gespräch mit dem SWR4-Moderator werden die Hintergründe und Abläufe der Organentnahme beleuchtet.

SWR4: Es war eine bemerkenswerte Organspende, die erste im Ries überhaupt. Es konnten die Leber, die beiden Nieren und die Hornhaut der beiden Augen eines hirntoten Patienten entnommen und fünf Menschen transplantiert werden.

Herr Professor Dr. Kuch, mit den Organen eines verstorbenen Patienten wurde fünf Lebenden geholfen, wobei die Leber auf zwei Menschen verteilt worden ist. Ist das außergewöhnlich?

Professor Dr. Kuch: Nein, es ist nicht außergewöhnlich. Es ist sogar das Ziel von Organtransplantationen. Entscheidend ist, wie gesund der Patient und seine Organe im Vorfeld waren. Man versucht dann immer, möglichst vielen Menschen zu helfen. Der Vorteil ist beispielsweise bei der Leber, dass sie zweigeteilt werden und damit gleich zwei Menschen geholfen werden kann.

SWR4: Wie aufregend war die erste Organentnahme bei Ihnen im Stiftungskrankenhaus für das ärztliche Team?

Professor Dr. Kuch: Aufregend würde ich weniger sagen. Wir waren angespannt hinsichtlich der Organisation und des Aufwandes, der dahintersteckt. Wir sind dabei von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sehr gut unterstützt worden. Die DSO hat mit uns hervorragend zusammengearbeitet und auch das OP-Team gestellt. Die Organentnahme wird ja von spezialisierten Chirurgen durchgeführt. Wir als Krankenhaus stellen die Anästhesie, den intensivmedizinischen Background mit Ärzten und Pflegern zur Verfügung.

SWR4: Eingesetzt wurden die Organe dann in anderen Häusern. Was waren die Herausforderungen in Nördlingen?

Professor Kuch: Man muss als Zentrum mit einer Intensivmedizin und entsprechender Logistik etabliert sein, um schwere Fälle behandeln zu können und Menschenleben zu retten. Man versucht – und das ist ganz wichtig als Botschaft für die Menschen – immer alles, um das Leben des Patienten zu retten. Das funktioniert leider nicht immer.  Gerade wenn – wie in diesem Fall – der Patient bereits mit einer Hirnschädigung eingeliefert wird.

Wir haben dann erfolgreich das Herz stabilisiert. Doch der zuvor eingetretene Hirnschaden war irreversibel. Die Herausforderung ist dann, den Hirntod zu dokumentieren und den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Denn wenn der Hirntod eingetreten ist, funktionieren viele andere Organsystemenicht mehr, die durch das Hirn gesteuert werden. Es sind mehrere intensivmedizinische Maßnahmen erforderlich, um die Organfunktionen aufrechtzuerhalten. Erst dann kann es, wenn ein Einverständnis vorliegt, zu Organentnahmen kommen.

Zuvor hatte der Chefarzt und Ärztliche Direktor des Stiftungskrankenhauses deutlich gemacht: „Wir sind froh, Medizin auf diesem hohen Niveau anbieten zu können. Die Intensivstation ist technisch und fachlich inzwischen hervorragend ausgestattet.“ Wichtig sei aber ein sensibler Umgang mit dem Thema. Es müsse darum gehen, Vorbehalte in der Bevölkerung gegen Organspenden abzubauen und deutlich zu machen: Organspenden retten Leben.